Die ortsbildprägende ehemalige Getreidemühle in Nankendorf bei Waischenfeld liegt direkt an der Wiesent. Bereits im Jahr 1539 wurde das denkmalgeschützte Baudenkmal mit der Aktennummer D-4-72-197-47 in den Stadt- und Gerichtsbüchern des Stadtarchiv Bayreuth erwähnt:
B 8/33 (vgl. 41) Vertrag zwischen den Erben des Erhardt Hochgesang, Gold genannt, Müller auf der im hlg. Kreuz neben dem Schwibbogen gelegenen Mühle. Die Witwe Katharina hatte sich mit dem Nankendorfer Müller Valentin von Thürn wiederverehelicht und zum Schaden ihrer fünf unmündigen und noch nicht in Vormundschaft befindlichen Kinder Barschaften nach Nankendorf in das Stift Bamberg verschleppt. Dafür waren sie und ihr Mann inhaftiert worden. Derzeitiger Inhaber der Mühle ist Claus Viechtel, Permulner genannt, der den den Kindern zugesprochenen Acker auf drei Jahre um sechs Gulden Zins verpachtet erhält. 05.01.1539
B 8/41 (vgl. 33) Quittung des Valentin von Thürn zu Nankendorf („Lanckendorff bey Weischenveldt“) und seiner Ehefrau Katharina, Witwe des Bayreuther Bürgers Erhardt Hochgesang, Goldtmulner genannt, über den Empfang der ihnen in der Erbteilung zugesprochenen 104 Gulden. Sollte die Frau vor Jahr und Tag nach dem ehelichen Beischlafen ohne Nachkommen sterben, soll von Thürn nur das einbehalten, was im Heiratsvertrag auf den Jahrsfall festgesetzt ist. 22.09.1539
Stadtarchiv Bayreuth (Beständeübersicht → Bestandsgruppe Sonderbestände → Bände → Detailerfassung Stadt und Gerichtsbücher 15. u. 16 Jh. (online verfügbar) – Seite 307)
Nach heutigem Stand sind Mühle und Anwesen seit dem 18. Jahrhundert im Besitz der Familie Sebald. Dies belegen Nachforschungen der Familie Sebald.
Zur damaligen Zeit lebte dort der Müller Andreas Sebald (* 1763; † 1830) und seine Ehefrau Franziska Sebald (geb. Körber; * 02.10.1772, ⚭ 1791). Am 24. März 1801 kam es zu einem großen Dachstuhlbrand am Wohnhaus, der von der Familie mit einem neuen Walmdachstuhl wieder repariert wurde. Heute noch sichtbare Spuren der verkohlten Balken legen Kenntnis ab, über einen großen Schaden des Daches.
Anschließend folgte Sohn Johann Sebald (* 28.03.1813; † 16.04.1891) mit erster Ehefrau Kunigunde Sebald (geb. Glahsauer; † 1855/1856) und zweiter Ehefrau Gertraut Sebald (geb. Wehrl; * 1829; II ⚭ 13.05.1856; † 1900). 1832 ist eine schlimme Dürre gewesen, im ganzen Jahr hat es keine zwei Tage hintereinander geregnet.
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts folgte Sohn Georg Adam Sebald (* 04.12.1870; † 01.06.1952) mit Ehefrau Anna Sebald (geb. Heilmann; * 04.03.1875; † 30.07.1944). Im Jahr 1898 hatte Georg Adam Sebald eine Schuckert-Maschine gekauft. Sie ist bis 1930 gelaufen und erzeugte 110 Volt Spannung, ein Langsamläufer mit 850 Touren. Mit dieser Stromerzeugung wurden Glühbirnen mit elektrischer Energie versorgt. Auch wurden die umliegenden Häuser und einen Teil der schon vorhandenen Ortsbeleuchtung, mit der bereits damaligen regenerativen Energie vom Mühlrad versorgt. Mit dem Mühlstein, der seit 1900 in der Kunstmühle vorhanden ist, wurde Mehl und Schrot für die Bauern aus der Gegend produziert.
Ab 1939 übernahm als Müller und späterer Bürgermeister von Nankendorf Sohn Josef Sebald (* 12.01.1909; † 02.02.1990) mit Ehefrau Kunigunde Sebald (geb. Brendel; * 29.07.1914; † 21.06.1996) Mühle und Anwesen. Als Josef Sebald von 1943 bis 1946 in den Zweiten Weltkrieg trotz Kriegsdienstverweigerung eintreten musste, übernahm in dieser Zeit das Müllerhandwerk ein Müller aus Veilbronn bei Heiligenstadt. Auch beherbergte nach dem Krieg die Familie Sebald die Flüchtlingsfamilie Meier, deren drei Kinder im Wohnhaus geboren wurden.
In den Nachkriegsjahren wurde etwa 20 Zentner Korn am Tag, circa 7300 Zentner pro Jahr gemahlen. Ab 1948 kamen dann auch Leute aus Bayreuth und Umgebung, um Mehl von der Mühle zu kaufen. 1956 übernahm Sohn Konrad Sebald (* 08.03.1941; † 20.12.2023) den Mühlbetrieb und legte 1964 in diesem Handwerk seine Meisterprüfung ab. Bis Ende 1990 wurden ca. 1500 Zentner pro Jahr produziert, dann musste der Mühlbetrieb aufgrund unwirtschaftlicher Rentabilität eingestellt werden.
Vor dem 20. Jahrhundert existierten wahrscheinlich drei hölzerne Mühlräder hintereinander, bis diese vermutlich durch ein Hochwasser zerstört wurden. Die jetzige Konstruktion des unter-/mittelschlächtigen Wasserrads besteht aus Eisen in Kombination mit Holz und wurde im Zuge der letzten Restauration im Jahr 1973 selbst erbaut.
In den Jahren 1987 und 1988 wurde die Wasserrad-Bedachung aufgrund der Baufälligkeit komplett erneuert. Dabei wurden die Betonfundamente stabilisiert und ein Außen-Geländer bis zur Welle des Wasserrads angebracht.
Seit Oktober 2003 wird die Wasserkraft genutzt, um mit dem Antrieb des Wasserrads der ehemaligen Mühle Strom zu erzeugen, welcher in das vorhandene Stromnetz eingespeist wird. Die Drehungen des mit 5,20 Meter Durchmesser großen Wasserrads gelangen über eine Welle zum Getriebe, dass die mechanische Wasserkraft in elektrische Energie umwandelt. Die erzeugte elektrische Nettonennleistung beträgt im Durchschnitt 5 kW/h. Dieses Kleinwasserkraftwerk leistet damit seinen wichtigen Beitrag zu den erneuerbaren Energien.
Das Wasserrad bekam im August 2007 neue Schaufeln und Streben. Zehn Jahre später, im Frühjahr 2017 wurden die Betonfundamente zur Stabilisierung erweitert und ein neues Außen-Geländer installiert. Im Juni 2018 wurden aufgrund des schlechten Zustands des Gebälks, neue Holzbalken eingezogen und ein neuer Wasserschutz angebracht. Seit März 2019 wurde die ehemalige Mühle und das Anwesen von Konrad und Hildegard Sebald auf deren Sohn Johannes Sebald mit Ehefrau Franziska Sebald (geb. Neuner) überlassen. Mit einer Bruttoleistung von 11 kW und einer Nettonennleistung von 5 kW wurde im April 2019 die Wasserkraftanlage im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert.
Die Wasserkraftanlage wurde 1928 vom damaligen Bezirksamt Ebermannstadt für die Eichpfahlsetzung neu vermessen. Es wurden Dokumentationen im Wasserbuch für Triebwerke und Stauanlagen vorgenommen:
Bezirksamt Ebermannstadt, Wasserbuch für Triebwerke I, Eintrag 36
Adam Sebald, Mühlenbesitzer in Nankendorf, Hausnr. 16, Mahlmühle
Das Triebwerk besteht aus einem unterschlächtig betriebenen Wasserrad von 5,20 m Höhe und 1,5 m Breite. An dem Einlauf zum Mühlrad ist ein Eisenrechen angebracht.
Die Wiesent ist an der Ausnützungsstelle Privatfluss im Eigentum der Uferangrenzer (Art. 21 des Wassergesetzes)
Niederschrift betr. Festsetzung der zulässigen Wasserhöhe für das Triebwerk der Mühle in Nankendorf an der Wiesent vom 26. August 1924.
Beschluss des Bezirksamts Ebermannstadt vom 10. Oktober 1924
Niederschrift über die Eichpfahlsetzung und die Ortsbesichtigung gem. Art. 54 des Wassergesetzes des amtlichen Sachverständigen vom 20. Juli 1928
Die zulässige Wasserhöhe an dem Triebwerk wird gemäß Art. 53 des Wassergesetzes und den Vollzugsvorschriften zum Wassergesetz auf 354,216 m N. N. festgesetzt. Die zulässige Wasserhöhe ist durch ein vorschriftsmäßiges bleibendes Höhenmaß festzulegen.
Bezirksamt Ebermannstadt, Wasserbuch für Stauanlagen I, Eintrag 41, Spalte 2
Das teils aus Steinwurf, teils aus Beton bestehende Steinwehr ist unmittelbar in die Wiesent eingebaut. Das Wehr hat einen Grundablass von 2,74 m lichte Weite (l. W.), drei Leerlaufschützen von 1,40, 1,34 und 1,32 m l. W. und ist mit einem eisernen Rechen versehen. Mühlradeinlauf von 1,88 m l. W.
Das Höhenmaß ist nach Figur 1 Anlage 2 der Vollzugsbekanntmachung aufgestellt und entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 35 der Vollzugsvorschriften zum Wassergesetz.
Seit Juli 2023 hat der Umbau und die Sanierung des denkmalgeschützten Mühlengebäudes begonnen, welche von der Stadt Waischenfeld, dem Städtebauförderungsprogramm mit Mitteln des Freistaats Bayern, der Oberfrankenstiftung, dem Denkmalschutz-Sonderprogramm X des Bundes (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien), der Bayerischen Landesstiftung und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz gefördert wird.
Permalink: https://www.nankendorf.de/muehle
Am besten gefällt mir das Foto mit der Dampfmaschine. Besonders wegen der abgebildeten Leute. Interessant wie man sich damals gekleidet hat. Kennt jemand einen dieser Menschen?
Ist die Mühle Nankendorf noch in Betrieb? Wenn nein: Wie wird sie heute genutzt? Steht das Haus leer?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen!
Mit bestem Dank
Haversath
Hallo Haversath,
vielen Dank für Ihr Kommentar und Interesse an dem Beitrag.
Die Mühle dient seit dem Jahr 2004 der Stromerzeugung mit Einspeisung in das Stromnetz. Das Haus wird von der Familie Sebald weiterhin bewohnt.