Die Ehrenbürgerin und Lehrerin Gunda Rauh verfasste vermutlich zwischen 1960 und 1989 eine undatierte und unbekannte veröffentlichte Geschlechter- bzw. Gebäudechronik von Nankendorf. Diese Chronik liegt als 34-blättriges Original aus unserer Familiengeschichte vor, welche wir nach fast einem Jahr vollständig digitalisieren konnten. Vielen Dank an Annemarie Fuhrmann aus Nankendorf für deine Unterstützung.
Da die Ortschronik sehr umfangreich ist, haben wir beschlossen, die Veröffentlichung auf insgesamt vier Teile für die kommenden Monate zu gliedern. Teil 2 wurde im August, Teil 3 im September und der letzte Teil 4 im Oktober.
Um eine gewisse Struktur in dem Schreibmaschinentext zu bringen, wurden die Seitennummerierungen bestmöglich sortiert und in Reihenfolge gebracht. Bei unleserlichen Wörtern wurde nach bestem Wissen und Gewissen eine behutsame Korrektur des Textes vorgenommen. Unverständliche und nicht erkennbare Wörter sowie einzelne Buchstaben, wurden mit […] gekennzeichnet. Die Originalseiten mit textenthaltenen Rückseiten sind ebenfalls mit in diesem Beitrag eingefügt worden, damit jederzeit ein Vergleich angestellt werden kann.
Für einen visuellen Eindruck der vergangenen Zeit der letzten Jahrhunderte von Nankendorf und Umgebung, füllen wir die Lücken mit Bildmaterial durch digitalisierte historische Postkarten. Vielen herzlichen Dank Christian Görl aus Hintergereuth im Ahorntal, für die Bereitstellung und Genehmigung zur Veröffentlichung.
Zur historischen Person von Gunda Rauh aus dem Nordbayerischer Kurier vom 25. August 1989:
Gunda Rauh, Oberlehrerin im Ruhestand und Ehrenbürgerin der ehemaligen Gemeinde Nankendorf, ist am vergangenen Dienstag im Alter von 96 Jahren verstorben. 33 Jahre lang unterrichtete die beliebte Pädagogin an der Volksschule in Nankendorf. Ihren Lebensabend verbrachte sie im Spital Michaelsberg in Bamberg.
Gunda Rauh hat sich nicht nur um die Bildung und Erziehung der Kinder große Verdienste erworben, sondern engagierte sich auch auf kommunalem Gebiet. Ab 1946 war sie rund zehn Jahre als Gemeindeschreiberin in Nankendorf tätig. Ihrem großen Interesse an der Geschichte des Ortes und seiner Umgebung verdanken die Nankendorfer eine Ortschronik, die von der Oberlehrerin verfasst wurde. Als Anerkennung für ihren Einsatz um schulische und gemeindliche Belange, ernannten sie die Gemeinderäte zur Ehrenbürgerin.
Mit Gunda Rauh starb der letzte Bürger, der diese hohe Auszeichnung der früheren Gemeinde Nankendorf trug. Auf dem Nankendorfer Friedhof wird Gunda Rauh morgen, Samstag, ihre letzte Ruhestätte finden. Der Trauergottesdienst mit anschließender Beerdigung beginnt um 14 Uhr.
Nordbayerischer Kurier vom 25.8.1989 – Gunda Rauh, Oberlehrerin im Ruhestand und Ehrenbürgerin der ehemaligen Gemeinde Nankendorf (archive.org)
Das BayernAtlas Portal stellt sowohl aktuelles Kartenmaterial, Daten der vorhandenen Boden- und Baudenkmäler als auch Uraufnahmen aus dem Zeitraum 1808-1864 zur Verfügung. Die Gegend Nankendorf und Umgebung wurde in diesem Zeitraum entsprechend kartographiert. Dort können die damaligen Gebäude mit Hausnummer und Flächen der heutigen Zeit zugeordnet werden.
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Nankendorf – Geschlechter bzw. Gebäudechronik – von Gunda Rauh aus Nankendorf
Nicht bloß in den Kirchenrechnungen, sondern auch in den Flurnamen und Hausnamen begegnen wir uralten teils vergangenen, teils noch bestehenden Geschlechterdynastien, die Rückschlüsse auf die Erstbesiedlung und Landbesitznahme der Urroder zulassen.
Unter den Flurnamen ist wohl „Dormannsberg“ mundartlich Thomasberg der markanteste.
Dormann begegnet uns bereits in der ältesten Rechnung 1608.
Nach Erzählungen alter Leute wird von einem Schloss in Nankendorf gesprochen, das am Fuße des Dormannsberges lag – heute ist dort Hs-Nr. 4 ½.
In der Egloffsteinschen Chronik ist von der Heirat eines Egloffsteiners mit einer Anna von Nankendorf die Rede. Da das Schloss derer von Egloffstein am Eingang von Löhlitz lag, dessen „Wachtbesitz“ die Nachbarschaft des Dormannsbergs war, dürfte diese Anna wohl eine adelige Dormann gewesen sein. Die Ehe mit einer bürgerlichen hätte ja die Geschlechter bzw. Erbfolge aufgehoben nach egloffsteinschem Reglement.
Ein Dormann bzw. Durman ist der erstgenannteste Inhaber des Hopfenrainlehens der Kirche. Beim sagengemeldeten Schloss Dormann soll man auf Mauern und Kelleranlagen gestoßen sein. Dieser Dormann dürfte der Erstbesiedler im Schmierbachgelände gewesen sein, der die Wälder des ganzen Berggebiets hinter einem „Schloss“ (vielleicht nur ein gutbefestigtes Haus mit starken Mauern und natürlichem Schutz durch das davorliegende Schmierbachbett, das angestaut werden konnte und das dahinterliegende Felsmassiv) rodete und fruchtbares Ackerland gewann. Die unfruchtbaren Leiten dienten als Schafhut.
Woher Dormann? Starke Vermutungen dürften zurück in die Zeit vor der Christianisierung weisen, denn unsere Vorfahren waren heidnische Germanen, Franken in deren Götterhimmel Odin oder Wotan und der Hammerwerfer Thor die Hauptgottheiten waren. Der „Berg des Thor“ war wohl der Ehrenname für diese neugeschaffene Flur, die man unter den Schutz dieses Gewittergottes stellte. Vielleicht lag dort auch eine Kultstätte, denn die aus dem Dormannsberg herauswachsende und emporstrebende Wacht gibt noch heute wie seit Jahrhunderten das Fanal des Sonnwendfeuers ins weite Land. Der Dormannsberg ist durch einen Kranz wuchtiger Felsen gegen die Talseite gefestigt, mehr als jede andere Höhe in der Gemarkung Nankendorfs. In den Katastern liest man Thomasberg.
Die 1870 „umgearbeiteten bzw. neuverdeutschten“ Flurnamenbezeichnungen taten der Vergangenheitsforschung viel Unheil. Der Volksmund verschleppte die „R u. N“ man sprach Dormasberg – Domasberg macht man Thomasberg.
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Sehr oft begegnet uns in den Rechnungen der Name „graw“ etwas später „Grau“, der dann erst etwa 1930 erlosch. Grau gabs mehr hier wie in Löhlitz. Dort wandele er sich aber in „Graf“ um (nicht mit dem heutigen Graf zu verwechseln, der ein eingeheirateter Stamm ist).
Warum „graw – grau“? Vielleicht ist die Mutmaßung etwas gewagt, wenn man auf die grauen Begleiter Wotans – die beiden Wölfe schließen möchte, denn auch der Name Wolf ist hier wie in Löhlitz uralt. Der jüngere Sohn des Wolf war der Wölfel – hier saßen Wölfel vor dem Stamme Sebald auf der Mühle, aber auch in Löhlitz war Wölfel der reiche „Schaftgutbesitzer“ (Schafhof).
Vor dem Wölfel hatte Haasen – dann Haas, der Müller, verschiedene kirchliche Verwaltungsämter inne. In Löhlitz waren die Haasen (heute noch die Hosn) die Wiesengrundinhaber der „Hesa“ (grundbuchamtlich „Hösa“ verwelscht).
Der Flurname „Mühlgäßlein“ dürfte auf der Kirchbergseite wohl einer der ältesten sein – so nach Remig. Volkmann, der solche Namensbezeichnungen für uralt hält, da das Mühlhandwerk ja eines der ersten und lebenswichtigsten Betriebe in einer Ortschaft war.
Nun zu „Neuner“, welchen Namen die Forscher auf den 9ten Mann in der Besiedlung deuten – auch bei Turmhügelbesetzungen gabs einen 9ten Mann. Dieser Neuner in Nankendorf spielte viele Jahrhunderte eine große Rolle. Nach ihm sind die beiden Neunersleiten rechts und links der Wiesent benannt – aber auch das Neunersängerlein und die „Neunersheid“ gesch. „des neuners haydt“. Die ausdruckslose Verdeutschung im Kataster in Neuenheid ist eine […] Todsünde“.
Dieser Neuner samt Sippe muss ein äußerst rühriger Bauer und Roder gewesen sein, denn da ihm die Leiten dies- und jenseits der Wiesent als Schafhut gehörten – außerdem die weite Flur der Neunerheid, dürfte er wohl der Erstbesiedler der Eiergasse gewesen sein, denn sein Wohnsitz war die heutige Haus-Nr. 57. Ihm gehörte auch das Hopfenzeilgut bzw. der Hopfenrain, „so an den Weg nach Plankenfels stoßet“. Der „Neunersweg“ oder später die Eiergasse trägt die Pl.Nr. 137. Das Neunersängerlein lag am Aalkorb – vielleicht wurde das der spätere Baugrund für das Aalkorbhaus – wie es 1860 genannt ist. Früher hieß auch der ganze heutige „Sand“ Neunersheid. Dieser Neuner wird in den Kirchenrechnungen dann vielmals genannt, teils als Gotteshauspfleger – dann wieder als Zimmermeister Lorenz Neuner, der immer wieder bei Schulhausarbeiten und Kirchen- bzw. Mauerreparaturen genannt und gelobt wird. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verarmte das Geschlecht der Neuner – Unwetterschäden – Sterbefälle und den männlichen Familienangehörigen, und Geldeinbuße bei Arbeiten unter den Schlecht- oder Nichtbezahlern.
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Spätere Funde ergaben das der Merzengrund das Rodergebiet der Wiggles von Russenbach war.
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Der Hopfenrain oder die Hopfenzeil wurde der Kirche als Unterpfand gegeben für Sicherheit eines Darlehens. Daher Kirchlehen – Lehnergut. Später löste es ein Neuner wieder aus – er wurde Besitzer des Hopfenrains (wo man noch vor dem 1. Weltkrieg Hanf und Hopfen baute) hatte aber den Johanniswein zur Weihe am Johannes des Apostelstages zu stiften.
Doch auch dieser wurde abgefunden durch eine einmalige Summe, aus den Kirchenrechnungen ersichtlich. Der letzte Neuner hieß Philipp.
Wahrscheinlich durch Einheirat taucht dann der Name Schwarzmann – dann Plank auf. Die einzige Planktochter ehelichte ein Görl, der einen großen Besitz hatte und auf dem Schatzhof saß, während die Plank auf dem Hopfenzeilgut nur wenige Äcker, darunter den Hopfenrain, bewirtete. Dieser Schatzhof war ein Riesenbesitz und trug drei Hausnummern – 47 – 48 – 49. Wahrscheinlich teilten sich da einmal zwei Brüder in den Riesenbesitz.
Später hatten der Wirt Fuchs und der Bauer Görl die Höfe, von denen der eine Schatzhof, der Schatzhofrest hieß. Heute noch ist das nachweisbar auf den Besitzungen Polster – Görl, deren Äcker bzw. Wiesen und Wälder wechseln gegenseitig, so auf dem Sand, im Pelzer, im Hollfelder Grund, im Alten Weg und im Sülz- ein Land Polster – das andere Görl – in unbeirrbarem Wechsel. Görl verkaufte sein Haus Nr. 49 1850 an Fuchs, d.h. Fuchs – samt Gemeinderecht, behielt jedoch seine landwirtschaftlichen Grundstücke. Ein Gemeinderecht besaß das Haus seiner Braut. (Nr. 57)
Ein weiterer Erstroder muss nicht ein Merz gewesen sein, der im Merzengrund sich Land suchte. Der heutige Besitzer (Schroll) sagt, dass hier 23 Tagwerk in einem Zug von Ost gen West beisammen sind. An den südlichen und nördlichen Rändern steigt das Land etwas an, sodass inmitten ein muldenartiger Grund ist. Auch gegen Westen zu, ist es langsam steigend. Sehr fruchtbar ist das Gebiet und so zeugt es wieder vom praktischen Sinn des Urreuters.
Man kann dem Flurnamen zweierlei Deutungen unterlegen: 1. gegen Osten also die Frühlingsseite zu gelegen – bereits im März bebaubar, da guter Boden – nicht zu leicht und nicht zu schwer. 2. oder aber gab es dort in den ersten Roderjahrzehnten viel auszumerzen an Wald-Stock-Stein- und Wildwuchszeug, und nur dem unbesiegbaren Roderwillen verdankt das Gebiet seine heutige Güte. Der Name Merz taucht in den Kirchenrechnungen schon gleich zu Beginn auf. Nun dürfte jedoch der heutige Merzname nicht der Nachkommenname dies Roders gewesen sein, denn jeder Erstroder sucht auf seinem wohnsitznahen Gebiet sich zusätzlich Bauland außerhalb der durch Rodergemeinschaft gewonnenen Nutzgründe. Vermutlich dürfte etwa Wickles Hs-Nr. 26 der Erstbesitzer des Merzenrunds gewesen sein. Der uralte Hausname Kellerbauer hängt mit dem Finder, Ausgraber u. Ausnützer der sämtlichen Felsenkeller am Lochberg zusammen. Im Anfang der Kellerausbauten →Fortsetzung, Seite 4 A
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Die Haus- u. Geschlechtergeschichte.
Wickles fand seine Deutung durch Urkunden vom Gut unter Wickles von Wiggles von Russenbach.
War also aus dem Vornamen entstanden. Bei Wickles hat diese neuesten Ergebnisse seinen Siedlergeschichte bekommen von uns.
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Die nächsten 9 Sitzen waren ohne Strafträtchen und handelten teilweise über die Lebensmittelprüfung in den Viktualienläden. Einmal taucht eine Strafe von 40 Kronen auf wegen unbefugten Fahrens über eine grasbestandene Wiese.
Bis 1833 war Sebald Vorsteher – dann bis 1842 Gradl – nun ist Hollfelder Bürgermeister.
Der [.]em. Diener Söhnlein musste ins Krankenhaus verbracht werden, worüber die Gemeinde beriet, wahrscheinlich gings auf Kosten der Gemeinde.
1843 gabs Strafen wegen „polizeiwidrigen Grasen in der Kultur„, das waren auf Gemeindegrund Frischanpflanzungen und May wegen Baumdienststahls (60 St) und Häfner (30 St) – vielmehr wars kein Diebstahl – sondern sie lagerten die Bäume zum Dörren an der Straße.
Wegen widerrechtlichem Hüten der Marg Rauh Neuneuheid auf Görls (8) Eigentum wurde diese mit 1fl 30 Kronen Schadenersatz und Bestellungsgebühr ferner 15 Kronen dem Flurwächter, der sie erwischte.
Die Frau des Adam Schirg hier rechte Streu im Schmittschen Schlag Der Wächter Söhnlein erwischte am Sonntag Früh den Schäfer Joh Teufel v. Kobelsberg beim Hüten während des Gottesdienstes – Die Schirgin aver schnitt Laub auf der Flur – und Joh Teufel, Bauerssohn trieb sich auf den Getreidefeldern herum.
Gewissenhaft wurden die vorgeschriebenen Sitzungen gehalten – auch wenn nichts Strafbares vorlag. Wegen der Nachtschwärmerei wurde die Nachtwache verstärkt. – Zur Fortsetzung der Kultivierung von Leiten muss jeder Gemeindeberechtigte Haus ¼ Maß abgeflügelten Samen abliefern. – und zwar die Leiten im Sülz bis zum Dormannsberger Weg. Die Weidenreis vom Hirtenanger steht zum Verkauf. – der Flurwächter wurde angewiesen scharfe Aufsicht über Haus- und Straßenbettel scharf zu üben. – Im Winter wurde gemeindlichen Schneeschaufeln befohlen – nach jedem Schneefall.
Im August 1847 wurden dem Flurwächter nächtlicherweise verschärfte Aufsicht über Einheimsung d.i Verschleppung von Garben aus anderen Feldern – eingeprägt. 48 beriet man über Mängelbehebung der Wiesent-Distriktbrücke. 1849 beriet man die Bestrafung von Popp und Bäuerlein wegen Kulturbehütung. 1850 im Oktober besprach man das Verbot des nächtlichen Krapfenbackens zur Kirchweih – Für die Zeit der Christmette stellte man die Ordnung für die Nachtwache auf. 1851 besprach man Straßenreparatur wegen Ankunft Sr. Majestät des Königs. Und wieder wurden Popp und Bäuerlein wegen Kulturbehütung mit Strafe für Anzeige und Ersatz belegt a/a 15+15+30 Kr. – Striegel wegen Hütens an der Straße (das Straßengras wurde verpachtet) Joh Schmitt wegen Kulturausgrasen ferner bestimmte man das Bergmachen zwecks Ernteeinfahrten.
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mögen diese Höhlen wohl Wohnstätten vor- bzw. frühgeschichtlicher Menschen gewesen sein. Der Name Lochberg rührt von der Lochberghöhle, die nur mittels einer Feuerleiter erreichbar ist. Als ich Dr. Stuhlfauth von Bayreuth auf unsere Funde in der Höhle aufmerksam machte – Kinder brachten allerlei „Scherben“ in die Schule mit – stiegen wir hinauf in die schwindelnde Höhe. Am Anfang benützten die Bewohner wohl davorstehende Bäume zum Einstieg. Dr. Stuhlfauth fand dann Urnenreste, die waren aber Gebrauchsgeschirrreste und ein Knochenmesser, die aus der Keltenzeit (Indogermanen) 6. Jahrhundert v. Chr. stammen sollen. Die Höhle ist innen verschüttet und Dr. Stuhlfauth glaubte, dass hier ein dankbares Gebiet zum Durchstoßen gegen Süden wäre und allerlei kostbare Funde zutage kämen.
Die Volkssage munkelt auch, dass die Lochhöhle entweder bei der Enge oder gar erst beim Säustein einen Ausgang gehabt hätte (ebenso wie die Linelerlochhöhle ihren Ausgang beim Felsen im Schmierbach hinter Hs-Nr. 4 ½ hatte). Als im April 1945 die Amerikaner das Dorf „besetzten“ verdrängten sie nahezu sämtliche Dorfbewohner aus ihren Häusern, die sich die „Sieger“ als Schlafstätten wählten (oder wars Angst vor evtl. Partisanenrache seitens der Frauen und Kinder, denn Männer waren ja keine mehr im Dorf). Fast alle Dorfleute schliefen in der kalten „Sieger-Besetzungsnacht“ in Decken gehüllt in der Loch- bzw. Linelerhöhle eng beisammen gedrängt. Die Vorgeschichtsmenschen hinterließen diese Höhlenwohnstätten bei ihrem Weiterwanderzug gegen Westen – ihre Nachfolger- die Urbarmacher – fanden eine andere Zweckbestimmung – sicher werden sie erweitert von eben dem „Kellerbauer“.
Auch in der Rechnung begegnen wir dem Namen „Wiggles“ der Kellerbauer schon im 17. Jahrhundert, der im Merzengrund Grundstücke zum Pfand gab. Da die Erstsiedler nicht bloß Bauern, sondern auch Weber waren – könnte man Wickles damit verbunden denken – der Garnwickler. Doch „Kellerbauer“ ist waschechter uralter Namensdeuter.
1850 besaß Wickles nur wenig Nutzland – er ist als Gütler bezeichnet. Durch das Erlöschen der Nachkommenschaft auf dem „Bug“ rückte Wickles als nächster Verwandte in die Erbfolge, die ihn dann zu einem der größten Bauern des Dorfes machte.
Auf dem Kirchberg saß der Urnamengeber des Dorfes – ihm zugehörig war die Kirchenleite bzw. der Kirchberg, der sich bis zur Höhe der ganzen Steigung erstreckte. Später kamen viele Besitzer durch Stiftungsanleihen in ein Abhängigkeisverhältnis zur Kirche, weil man seinen Besitz der Kirche bzw. Stiftung als Unterpfand gab. Aus manchem Unterpfand wurde dann ein Kirchlehen.
Sehr früh ist auch die Mühle genannt – sie gehörte ja zur täglichen Brotversorgung. Dr. Vollmann schreibt, dass alle Flurnamen mit „Mühle“ zu den ältesten gehörten. Wir haben das „Mühlgäßlein“. Der Müller war durch
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seinen Betrieb, der damals wohl sehr primitiv, umständlich und zeitraubend war, sehr gebunden – wenig Zeit blieb ihm für die Landwirtschaft bzw. für das Urbarmachen. Man gab ihm ein Rodungsland zu eigen zum Anbau seiner Feldfrüchte – es war eine Art „Fassionsgrundstück“, urrechtlich zugeeignet für seine gemeinnützliche Mahlarbeit.
Der Erstmüller bändigte den Wiesentlauf zu seinem Nutzen. Durch den Damm verseichtete sich die Wiesent, so dass man ungehindert durchgehen und fahren konnte – eine Flußfurt wars, die namentlich, auch der Erstsiedler des Auberges zu seinem Vorteil nahm. Als sich die Einwohner mehrten und der Mahlbetrieb erweitert werden musste, auch eine stärkere Wehr war notwendig geworden, baute man über den Radabfluss einen Steg. Davon erhielt der erste Mühlbesitzer seinen Namen. „Steeger“ steht in den Rechnungen. Steger war hier noch Hausname bis zum Tode des „Segheiners“ (Striegel) 1930. Dessen baufälliges Haus wurde abgebrochen und damit erlosch der letzte Hauch eines alten Geschlechts (das Haus stand da neben Liemer- wohin nun Klaus bauen wird. Es hatte Nr. 37 – aber heute führt Liemer diese Hs-Nr.).
Der durch die Rechnungen genannte Müller hieß Steeger – der Nachfolger dieser Steger war auch Stiftungspfleger mit einem Zeylmann (ebenfalls ein Bauername – der die Ackerzeile Machende)
Nach Steger erschein Hanß Haasen als Müller, der dann immer mehr verschuldete – ihm folgt ein Wölffel und nach ihm taucht das Geschlecht Sebald auf. – etwa 1720. Woher diese Sebald einwanderten und die Mühle kauften – eventuell in diese einheirateten, ist nicht bekannt. Sebald findet man in den Kirchenrechnungen in Löhlitz und Rabeneck schon sehr früh als Anleiher. Die Namensforscher haben verschiedene Ansichten über den Namen. Ich deutete ihn (natürlich bin ich kein Forscher!) aus dem altdeutschen Vornamen Sebald stammend (Sebalduskirche in Nürnberg). Sebald, Adelhardt, Linhard, Walter Vornamen gewesen. Sebald heißt der „Siegeskühne“ (Nanko war der Speerkühne), Adelhard der Edelstarke, Linhard – der Löwenstarke, Walter der Heerwalter.
Familiennamensforscher erklären Sebald vom Säen- der Bald-Säende- oder von Sewald – der in den Wald sehende Spähende.
Nach Sebald war auch der „Sebaldsgraben“ genannt, der als Fischwasser dem Pfarrer von Waischenfeld zugesprochen war – was jedoch Kaplan Igel 1843 energisch widersprach und auf Grund des uralten Guttäterbuchs vom Jahre 1669 der Stiftung Nankendorf als zugehörig bezeichnete, wie auch die Pfarrwiese, die ein Wichsensteiner stiftete. Diese Wiese hatte die Nankendorfer Stiftung zu unterhalten, während die Nutzung dem Waischenfelder Pfarrer zufiel, was doch paradox ist. Das Guttäterbuch war nicht mehr im Pfarrarchiv Waischenfeld auffindbar. Ich aber glaube, dass Kaplan Igel wahrheitsgetreu war und sich innerlich über die Zueignung
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der Nankendorfer Stiftungsgüter seitens Waischenfeld sehr empörte. Auch der Pfarrer Igels – Pfarrer Hölzlein – bestätigte die Wahrheit dieser Angaben. Für die Kirche bzw. „Obere Pfarrei“ war eben die pfarrlose Zeit ab 1450-1926 besitzverschwischen wollendes Interregnum diktiert von allerlei Neid und Missgunst. Daher starb in diesen Jahrhunderten auch die uralte Sehnsucht nach Wiedererweckung der alten Pfarrei nicht aus.
Also das Wassergebiet samt Ausnützung war Stegersgut und Müllers Besitznahme. Inselgut durch Anlegung der Sutte.
In der „Au“ finden wir den Namen Walter. Nach Vollmann sind die Flurbezeichnungen mit „Au“ die Erstbesiedler Wohnstätten – genau wie in Löhlitz. Jede Au liegt auf einer kleinen Erhöhung mit dem Blick zum Bach oder zur Niederung – der Rücken liegt geschützt durch eine Berg- oder Felswand oder durch Wald. Überall drohte ja Gefahr – erst durch tierisches Raubzeug Wolf und Bär. Luchs und Fuchs, dann durch räuberisch kriegerische Horden oder auch Sippen anderer Stämme.
Immer war das Augebiet fruchtbar, waldlos und leicht bebaubar. In der Au saßen die erst Weber – der uralte Hausname sagt das. Walter waren ein Webergeschlecht – später sogar die Zunftmeister der Innung, zu der auch Löhlitz gehörte.
Nankendorf baute den feineren Flachs, der Löhlitzer Flachs gab „gröberes Tuch“. In den Auwiesen bleichte man das Tuch, aber man wässerte und röstete dort auch den Flachs. Um die Jahrhundertwende 18/1900 standen in Nankendorf noch 13 Webstühle und in Löhlitz 9. Immer kann man in den Rechnungen den Zusatz „der Weber“ lesen. Die heutigen Weber am Lochberg (Keilholz) stammen aus dem Auweberhaus.
1850 ist ein Suttengut genannt. Der Name „Suttner“ taucht auch schon in alten Kirchenrechnungen auf. Man muss diesen Namen wohl auch zu den Erstrodern rechnen. Die Sutte als Abfluss der Wiesent bei uns ist ein altbekannter Name – so gibts in Waischenfeld eine solche sogar in Bamberg. Es sind tiefgelegene Wohnplätze meist an einem Abfluss, den sich der Suttner selber schuf zu seinem Nutzen. Man konnte dort Flachs rösten i. einweichen damit sich die äußere Faser leichter löse durch Faullen, ferner eignete sich das Wässerlein zur Aufzucht von Gänsen zur Federgewinnung, als Viehtränke, zum Graswaschen, aber der Abfluss nahm der Wiesent auch gefährlichen Wasserreichtum bei Hochwassergefahr ab.
Auf die Sutteninsel zwischen Wiesent und Sutte baute die Kirche ihr „Badhaus„. Unser Badhaus hat seine eigene Geschichte aus den Rechnungen ersichtlich und diese ist im Anhang beigeheftet. Das Badhaus hatte der Bader inne – der Haarschneider, der Heilpraktiker, der Wundpfleger und Beinbruchrichter – aber auch der Badpfannenheizer für Reinigungskuren Verlanter oder „Eingeflörter“ = Zuwanderer oder heimatloser Handwerksburschen – so in den Rechnungen. Den Zunamen Badhaus haben heute noch Hausnummer 50 und 51, die wegen der
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Hochwassergefahr ihre anfängliche Wohnstätte verließen und einen anderen Bauplatz suchten. Auf dem Badhaus lag das Gemeinde Recht, welches mit zum Neubau übernommen wurde.
Später bekam „Suttner“ seinen eigenen Familiennamen – schon in den Rechnungen ist um die Jahrhundertwende 18/1900 ein Neubauer – dann ein Laßner genannt. Der heutige Besitzer Ritter stammt vom „öwan Ritter“ ab, dessen Vorfahren aus Neusig eventuell durch Einheirat kamen.
Nun finden wir auch ein Häffnersfeld Nr. 687+88. Die Häfner saßen ebenfalls an der Sutte – heute Hausnummer 33. In den Rechnungen fand ich schon sehr früh den Namen – es war der Ziegelbrenner für die Ofenkacheln, die damals sehr primitiv waren – außerdem fand man hier nicht den geeigneten Lehm- oder Feuerletten wie man damals sagte. Dieser Häfner war auch einmal Kurzbesitzer des Badhauses, verkaufte es aber, denn bei einem fürchterlichen Hochwasser zur Schneeschmelze musste man den Sarg mit einem Verstorbenen mittels Wannen über die hochgeschwollenen Sutte schwemmen. Im Laufe der Jahre wechselte der Name auf Nr. 33+51 sehr oft – aber der Urname; Häfner (Häffner und Heffner) verschwand.
Als man die Gemeindegründe verteilte, gab Häfner der Gemeinde dem schriftlichen Vertrag, den untersten Teil seines zugewiesenen Anteils der Gemeinde zu überlassen, da ihn diese notwendig für Lagerungen (eventuell Holz) brauchte. Diese Zusicherung soll für alle Nachkommen gelten – sol liegt es noch schriftlich in den Akten. Es handelt sich um das Flecklein am „Kellerfleck“ 133 in der Eiergasse zwischen Hausnummer 59 60 – äußerst genau ist dies Landstückchen beschrieben.
Am Dorfeingang von Plankenfels her sind die „Moscher“. Mi diesem Namen ist die Motschen oder Motschenleite verwandt – Matscher später Motscher war der Stiftung nicht fremd. Kommt wohl von Matsch d.i. schlammiges Gelände – man muss an das unregulierte Wiesentufer denken – bzw. die Schmierbachsudelei von früher. Ein Forscher denkt sich Moscher von „Moses“ also einem jüdischen Vornamen herstammend.
Aus gemeindlichen Akten und kirchlichen Rechnungen findet sich allerlei Material, das diesen Schluss zuließe. Manches Eigentum ging infolge Überverschuldung an den Gläubiger, der eventuell ein Jude war, über. So fand ich, dass ein Abraham Mondschein Besitzer der Hausnummer 4 (heute Brendel) wurde. Zu diesem Besitz gehörten über 20 Pl. Nr. Dieser Großbauer verstarb – seine Güter wurden verpfändet an Mondschein für Darlehen. Die ganze Speißelmarter samt Wald gehörten dazu, dann Sülz und Dormannsberg. Schützengraben, Schmierbach und Mühlleite und noch eine Hofstatt Pl. Nr. 766 ½ also ein Besitz auf dem früher schon einmal ein Haus stand. Im Grundbuch fand ich dafür die Aufklärung – es ist das Gradelsgrundstück, worauf schon früher ein Haus stand -, denn diese Hofstatt liegt zwischen Dormannsberg 76
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